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Mignon Plattenspieler
 

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Ein Plattenspieler für das Auto

Quelle: FUNKSCHAU ???? / Heft ??, Seite 210 – 211

Das Abspielen von Schallplatten im fahrenden Kraftwagen war bisher eine unsichere Angelegenheit, denn es gelang kaum, einen Plattenspieler herkömmlicher Art so sicher aufzuhängen, daß er allen Stößen und Schwingungen entgeht. Das geringe Auflagegewicht des Tonabnehmers (~ 10 g) und die geringe Rillentiefe (~ 40 µ) — insgesamt also die kleine Haftfähigkeit des Tonarms in der Rille — sind dem Abspielen von Mikrorillenplatten bei Erschütterungen unzuträglich.

Es gibt amerikanische Konstruktionen für Autoplattenspieler mit 16 2/3-Schallplatten, jedoch ist hier der Aufwand für Dämpfung usw. recht hoch. Im Gegensatz dazu ist der neue, von Philips entwickelte Auto-Plattenspieler „Auto-Mignon" aufwandsmäßig klein gehalten, obwohl er alle äußeren Bewegungseinflüsse ausgleicht wie Schwingungen, Stöße sowie Fliehkräfte durch Kurvenfahren und Schräglage.

Im Prinzip hat man hier die Mechanik vom Mignon-Gerät für das halbautomatische Abspielen von 17-cm-Kleinplatten übernommen (FUNKSCHAU 1956, Heft 21, Seite 883). Man schiebt die Platte mit herausgenommenen Mittellocheinsatz durch den Schlitz, womit alle Bewegungsvorgänge wie Einschalten des Motors, Anheben und Aufsetzen des Tonarms ausgelöst werden. Damit ist die im Kraftwagen sehr wichtige Forderung nach einfachster Bedienung erfüllt. Bild 1 zeigt das Innere des Gerätes.

Die auf die Schallplatte und den Tonarm einwirkenden dynamischen Kräfte werden von einem mechanischen Schwingkreis aufgefangen, dessen Eigenresonanz so niedrig liegt, daß das Plattenspielerchassis unempfindlich gegenüber den von außen einwirkenden mechanischen Einflüssen bleibt. Es ist freischwingend auf drei Druckfedern aufgehängt (Bild 2), von denen zwei auch in Bild 1 zu erkennen sind. Damit nun die Drehzahl des Plattentellers beim Ausfahren enger Kurven durch die dann auftretende Fliehkraft nicht beeinträchtigt wird, liegen zwischen dem 6-V-Motor und dem eigentlichen Plattenteller zwei Zwischenräder; nach Werksangaben bleiben die Gleichlaufschwankungen auf diese Weise unter 9 Promille. - Die Spannungsschwankungen der Wagenbatterie werden zwischen 4,5 und 7,8 V selbsttätig durch einen Fliehkraftregler ausgeglichen und haben daher einen vernachlässigbar kleinen Einfluß auf die Drehzahl (0,5 %).

Das Auflagegewicht des mit einem Gegengewicht statisch ausgewuchteten Tonarms beträgt 10 g; sein Kristallsystem hat einen Frequenzumfang von 30 bis 15 000 Hz und einen Abschlußwiderstand von 470 kOhm. Die Ausgangsspannung erreicht ~ 300 mV eff.

Ein Problem besonderer Art ist der Anschluß des „Auto-Mignons" an den Autoempfänger im Wagen. In der Regel hat dieser keinen TA-Anschluß, so daß man sich entweder durch individuelles Einlöten des Nf-Kabels zwischen Diode und Nf-Vorröhre des betreffenden Empfängers helfen muß, oder man nimmt als Zusatz einen kleinen Hf-Oszillator mit Pentode EF 93, der mit der Nf-Spannung des Tonabnehmers moduliert ist. Er schwingt auf 535 kHz (oberes Ende des Mittelwellenbereiches) und speist direkt in die Antennenbuchse des Empfängers ein, den man bei Plattenspielerbetrieb auf diese Frequenz einstellen muß. Die Hf-Leistung ist auf 0,3 µW [!] begrenzt. Ein Relais schaltet dann die Autoantenne ab und legt sie an Masse, so daß jede Ausstrahlung nach außen auch über diesen Weg vermieden wird. Die Deutsche Bundespost hat diesem Kleinstsender, dessen Strahlung außerhalb des Kraftwagens nicht feststeilbar ist, eine vorerst auf zwei Jahre befristete allgemeine Genehmigung erteilt.

Die Montage des „Auto-Mignons" ist einfach. Nach Abnahme des Gehäuses läßt sich dieses unter dem Armaturenbrett, am besten in der Wagenmitte, leicht befestigen. Das Chassis des Plattenautomaten wird dann einfach hineingeschoben. Der Einschub für Schallplatten wird beleuchtet, die Beleuchtungsstärke ist in zwei Stufen (Tag/Nacht) einstellbar. Vorn trägt das Gerät zwei Druckknöpfe. Der rechte übernimmt die Funktion einer Phonotaste am Heimrundfunkgerät (Umschaltung von Rundfunkempfang auf Platte und umgekehrt), und links ist der vom „Mignon" her bekannte Knopf für das Auswerfen der zu Ende gespielten Schallplatte angebracht.

Wir möchten noch besonders auf den Registrierstreifen Bild 3 hinweisen. Hier sind sowohl oben die auf das Mignon-Chassis auftreffenden Stöße bei einer Versuchsfahrt aufgezeichnet als auch unten die Ausgangsspannung des Tonabnehmers beim Abtasten einer 100-Hz-Meßplatte. Hätte man beispielsweise eine 1000-Hz-Meßplatte aufgezeichnet, dann wären Unregelmäßigkeiten der Ausgangsspannung überhaupt nicht oder fast nicht aufgetreten. Hingegen nähert sich die 100-Hz-Frequenz schon etwas der Frequenz der Erschütterungen (3...30 Hz).



Der Schallplattenautomat „Mignon"
Quelle: Heft 21 / FUNKSCHAU 1956 (Seite 883 - 884):


Bei aller Einfachheit der Konstruktion ist der neue Philips - Plattenspieler „Mignon" eine bemerkenswerte technische Leistung. Das aus Bild 1 ersichtliche Kunststoffgehäuse in beige und dunkelrot ist bis auf den schmalen Schlitz an der Vorderseite geschlossen. In diesen Schlitz schiebt man eine 17-cm-Kleinplatte (45 U/min) hinein, ähnlich wie man einen Brief in den Postkasten wirft, und sofort wird die Platte abgespielt. Nach Beendigung dieses Vorganges springt sie wieder halb aus dem Schlitz heraus, so daß man sie fassen und herausziehen kann. Es ist somit der ideale Plattenspieler für technisch unbegabte Phono-
freunde, für Kinder und für jene, deren Hände schon etwas zittern und die daher für das Aufsetzen des leichten Tonarms nicht recht geeignet sind. Die sinnvolle und sicher funktionierende Automatik wird allerdings durch die Beschränkung auf nur eine Plattenart erkauft. Philips entschied sich für die 17-cm-Kleinplatte mit 45 U/min, deren Anteil an der deutschen Schallplattenproduktion auf bereits 40% gestiegen ist und deren Vorzüge allgemein bekannt und unbestritten sind.

Bild 2 zeigt das Chassis des neuen Plattenspielers von oben. Der Anschlagstift C ist das zentrale Steuerorgan; er wird durch die hineingeschobene Schallplatte um 24 mm ausgelenkt. Der Stift ist mit dem Schaltsegment L verbunden (siehe Bild 3), dessen drei Steuerarme die im Zeitschema Bild 4 dargestellten Vorgänge auslösen. Der eine Arm betätigt den Netzschalter N, so daß der Motor anläuft. Der zweite hebt über den Steuerhebel P das Mittelstück K, allgemein „Bobby" genannt, auf dem Plattenteller an und zentriert auf diese Weise die hineingeschobene Platte. Der dritte Arm schließlich senkt über den Hubstift M das Tonabnehmersystem B auf die Schallplatte. In diesem Augenblick geht der Bobby K nach oben und öffnet dabei den Nf-Schalter O. Noch kurz vorher hat der sich seiner Endstellung nähernde Anschlagstift C die horizontale Tonarmbewegung durch Entsperren der Klinke E freigegeben. Die Schallplatte läuft . . .

Nach dem Erreichen der Auslaufrille stößt der Mitnehmer F den Kipphebel G an, der unter Federvorspannung steht. G wird von einer Zahnscheibe unter dem Plattenteller zurückgestoßen. Das Schaltsegment L läuft in seine Ausgangslage zurück und löst dabei folgende Vorgänge aus:

Der Bobby senkt sich und gleichzeitig hebt sich der Tonkopf an; durch Senken des Bobbys wird der Nf-Schalter geschlossen.

Der Tonarm wird herausgeführt; Anschlagstift C läuft nach vorn, er schiebt die Schallplatte aus dem Schlitz hinaus;

der Tonarm wird durch die Sperrklinke E arretiert, und zuletzt wird der Motor abgeschaltet.

Die Bürste D wird vom Anschlagstift C beim Hinein- und Herausschieben der Schall-
platte jeweils einmal unter dem Saphir durchgezogen und reinigt diesen.

Vorn am Gerät ist die Unterbrechertaste I angebracht; sie drückt bei Betätigung das Schaltsegment L und damit den Anschlagstift sofort in die Ausgangslage, so daß die vorstehend aufgezählten Funktionen ausgelöst werden und die Platte unmittelbar vorn herausspringt.

Der zeitliche Ablauf aller Funktionen ist so genau festgelegt, daß Fehlschaltungen eigentlich unmöglich sind. Zwischen dem Einschieben der Platte und dem Beginn des Abspielens liegen nur Bruchteile einer Sekunde; eine evtl. kurzfristige Verzögerung im Beginn der Wiedergabe ist auf die manchmal dem eigentlichen Platteninhalt vorgespannten wenigen Leerrillen zurückzuführen.

Aufmachung und „finish" des Gerätes sind vorbildlich und absolut geschmackvoll, und auch die Unterbringung des 150 cm langen Netz- und des 120 cm langen Verbindungskabels (zu den TA-Buchsen des Empfängers) ist durch ein abgedecktes Kabelfach auf der Unterseite gut gelöst. Im täglichen Gebrauch ist dieser Musikautomat sehr angenehm; man sitzt beispielsweise behaglich am Kaffeetisch, reicht seinem Gast einen Stapel Kleinplatten mit der Bitte um Auswahl -und schon kann man diese und jene der herausgesuchten Schallplatten hintereinander oder mit Pause abspielen. Die Erweiterung des Gerätes um eine längere Anschlußverbindung zum Empfänger mit eingefügtem Lautstärkenregler würde die Anlage vorteilhaft ergänzen.

Bei der Konstruktion mußten sich die Entwickler für die Verwendung von 17-cm-Klein-platten mit dem ursprünglichen großen Mittelloch (38 mm) oder mit Einsatzstück entscheiden. Sie wählten den in Bild 2 erkennbaren und im Text mehrfach erwähnten Bobby, so daß der Benutzer des Gerätes die Einsatzstücke seiner Kleinplatte herausbrechen muß. Jetzt kann er diese Platten nicht mehr durch einen handelsüblichen Plattenwechsler mit dünner Mittelachse laufen lassen, sondern muß sich — soweit noch nicht geschehen — eine dicke, auf den Wechsler aufsteckbare Achse mit zentralem Abwurfmechanismus beschaffen, wie sie unter dem Namen „Wechselspindel" oder „Stapelachse 38" von verschiedenen Firmen geliefert wird. Wer jedoch den Automaten „Mignon", dessen Vorläufer für Normalplatten mit 78 U/min wir vor mehreren Jahren einmal im Ausland gesehen hatten, als einzigen Plattenspieler wählt, wird nicht in diese Verlegenheit kommen.

Keine 78er-Schallplaften mehr bei Columbia

Aus den USA wird gemeldet, daß Columbia allmählich sämtliche 78er-Schallplatten aus dem Katalog streicht. Künftig werden volkstümliche Neuerscheinungen fast nur noch auf 45er-Platten in den Handel gebracht. Auch bei den anderen Firmen ist man geneigt, die Normalschallplatten mit 78 U/min aufzugeben. In Deutschland wird die Umstellung nicht so schnell erfolgen wie in Amerika oder England, weil dann viele Schallplattenfreunde neue Laufwerke anschaffen müßten. Plattenspieler, die nur mit 78 Umdrehungen arbeiten, sind noch recht weit verbreitet. Die Schallplatten-Hersteller setzen sich jedoch sehr für eine Bevorzugung der 45er-Platte ein. Der im vorhergehenden Beitrag beschriebene neue Philips-Plattenspieler Mignon ist ein weiterer Schritt auf diesem Wege.

 

Die Angaben haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit.
Bei den (importierten) Boxen können im Laufe der Jahre durchaus Veränderungen vorgenommen worden sein. Copyright.

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